Mit dem Demokratiefördergesetz gegen die AfD nahe Stiftung?

// Konstantin Korn

13 prominente zivilgesellschaftliche Organisationen haben letzte Woche ein Manifest für die Zivilgesellschaft und die politische Bildung mit dem Titel „Keine Minute warten im Kampf gegen Rechts“ veröffentlicht. Die wesentliche Forderung kein Geld für demokratiefeindliche Organisationen und eine Gesetzliche Regelung der Finanzierung der politischen Bildung im Demokratiefördergesetz.

Institutionalisierte Diskursverschiebung

Die AfD nahe Desiderius Erasmus-Stiftung (DES) strebt seit ihrer Gründung nach staatlichem Geld, wie die anderen parteinahen Stiftungen. In der nächsten Legislaturperiode könnte es dazu kommen, denn seit den 1990ern wird Geld an wiederholt im Bundestag vertretene Parteien gezahlt. Dies nutezn die 13 Organisationen, Bildungstätte Anne Frank, Amadeu-Antonie-Stiftung, Zentralrat der Juden in Deutschland, DGB, ver.di, Pro Asyl, medico international, Gesicht zeigen,  Fridays for Future, Katholische Akademie Rabanus Maurus, Bildungswerk Paritätischer Wohlfahrtsverband, Stiftung Topographie des Terrors, Campact, als Anlass und konstatieren im Manifest eine weitere Diskursverschiebung nach rechts. Die Erasmus-Stiftung sei eine Netzwerkorganisation die bekanntermaßen die Zivilgesellschaft für ihre Zwecke einspannen wolle. In einem „Marsch durch die Institutionen“ wolle sie Gewerkschaften, NGOs, Feuerwehren, Vereine und Nachbarschaftsgruppen übernehmen und mit ihrer antidemokratischen Strategie zerstören.

Die Forderung: Geregelte Demokratieförderung

Als zivilgesellschaftliche Akteure und Träger*innen politischer Bildung fordern die Unterstützer*innen eine gesetzliche Verankerung nachhaltiger Finanzierung politischer Bildung und eine Kopplung an rechtsstaatliche Prinzipen. So solle die Finanzierung der DES verhindert werden und „nur diejenigen Aktivitäten […] staatlich finanziert werden, die eindeutig auf rechtsstaatlichem Boden agieren, die uneingeschränkte Geltung der Menschenrechte als handlungsleitend in ihrem Programm verankert haben und aktiv für den Schutz und die Stärkung der Demokratie einstehen“ [1].

Wehrhafte Demokratie als Basis für politische Bildung?

Eine Umsetzung vor der Bundestagswahl scheint eher unwahrscheinlich und so bleibt es spannend wie die Umsetzung eines Demokratiefördergesetzes im Detail aussehen wird. Nicht nur die Frage danach, wie viel zusätzliches Geld tatsächlich in Demokratieförderung fließt bleibt erst mal offen, auch welches Politik- bzw. Demokratieverständnis dahinter steht wird auszudiskutieren sein. Verengt sich der Politikbegriff hinter politischer Bildung im Zuge von sog. Extremismusprävention weiter oder wird honoriert, dass politische Bildung mehr umfasst? Ist Demokratieförderung nur zum Schutz eines demokratischen Staates gedacht oder insgesmat einer demokratischen Gesellschaft, die sich menschenverachtenden Einstellungen entgegen stellt? Im Manifest verweisen die Organisationen unter anderem auf das Kontroversegebot des Beutelsbacher Konsens, positioniert politische Bildung als nicht-wertneutral und bezieht sich auf die wehrhafte Demokratie. So verlockend das Konzept wehrhafter oder streitbarer Demokratie erscheint um Demokratiefeinde von staatlicher Förderung auszuschließen so impliziert sie auch eine staatsrechtliche Auffassung, die mit sicherheitlichen Extremismuskonzepten verbunden ist [2]. Die Debatten rund um die sog. Verpflichtung zur freiheitlich-demokratischen-Grundordnung (FDGO) in großen Demokratieförderprogrammen des Bundes 2014 oder in Hessen 2016/17 haben gezeigt [3], dass beim Schutz der Demokratie manchmal auch legitime Kritik an staatlichen Praxen und Institutionen unter die Räder kommen könnten. Schließlich sollte es weiterhin möglich sein bspw. rechte Netzwerke in Polizei, Justiz oder Verfassungsschutz oder Konzepte wie Abolitionismus [4] im Rahmen politischer Bildung zu thematisieren ohne dem Verdacht ausgesetzt zu sein die FDGO zu verletzen.

weitere Infos

[1] Das ganze Manifest gibt es hier: Keine Minute warten im Kampf gegen Rechts – Manifest für die Zivilgesellschaft und die politische Bildung. Außerdem gibt es eine Kampagne der Bildungsstätte Anne Frank zu der Erasmus-Stiftung.

[2] Wie die wehrhafte Demokratie mit Extremismuskonzepten und Staatstheorie zusammen hängt erklärt die Asozisation kritischer Gesellschaftswissenschaft in ihrem FAQ: Ist die „wehrhafte Demokratie“ eine gute Begründung für Demokratieprojekte?

[3] Die Plattform Extrem Demokratisch wendet sich gegen Extremismusklauseln und kritisiert das Extremismusdenken und dokumentiert unter anderem die Auseinandersetzungen um die Verpflichtung zur FDGO in verschiedenen Kontexten.

 [4] Abolitionismus ist eine Bewegung, die historisch aus der Forderung der Abschaffung der Sklaverei entstanden ist und heute Kontinutäten zwischen Polizei, Kolonialismus, Sklaverei aufzeigt und ein grundsätzlich anderes Verständnis von Sicherheit und die Abschaffung der Polizei fordert.


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